
Weitere assoziierte Krebserkrankungen
Neben Gebärmutterhalskrebs und weiteren Krebsarten im Anogenitalberich sind auch Tumoren im Mund- und Rachenraum beschrieben worden, die Head and neck squamous cell carcinomas (HNSCCs)
NSCCUP
Bei NSCCUP Tumoren kann HPV als diagnostischer Marker verwendet werden, indem er einen Hinweis auf die Lokalisation im Oropharynx geben kann. Auch hier konnten unter den HPV positiven Patienten weniger Raucher detektiert werden und eine geringere Ausbreitung des Tumors. Der HPV-Status ist für die Prognose relevant und zeigt auch den Erfolg der Therapie als Tumormarker an. Dies ist der Fall, da sie bei Anschlagen der Therapie und Rekurrenz des Tumors abfallen. Dabei ist die Hauptabnahme in den ersten 18 Monaten und es kommt daraufhin zu einem Plateau. Bei Rekurrenz kommt es zeitlich versetzt zu einer Antikörper-Reaktion. Trotz Abfall der Werte bleiben die Patienten seropositiv.
Diagnostisch hat das Onkoprotein E6 die größte Bedeutung. Da jedoch auch ein Patient ohne E6 in der Kohorte vorhanden war, ergab sich eine Sensitivität von 91%, eine Spezifität von 100%, ein Positiver prädikitver Wert von 100% und ein Negativer prädiktiver Wert von 94/100% (alle HPV-Typen/HPV 16). Es ist also sinnvoll mehrere Werte zu Testen um eine HPV-Assoziation beurteilen zu können [7].
Inzidenz der OPSCC
Die Inzidenz von OPSCCs ist weltweit sehr unterschiedlich. Grundsätzlich kann man jedoch sagen, dass der Anstieg in den Ländern am größten ist, wo der Tabakkonsum am ehesten rückläufig ist. [1] Die Zahlen variieren hierbei je nach Quelle. So gibt es Angaben für 2000 die von 40,5% HPV-Assoziation und 2005 schon von 72,2% sprechen [2] und andere die für 2012 nur von 30,8% HPV-Assoziation sprachen [3]. 2020 ist laut manchen Quellen davon auszugehen, dass die Zahl der HPV-assoziierten OPSCCs die der Cervix-CAs übersteigt [2].
Nun im speziellen erst einmal für Deutschland. 2014 wurden 12.830 Fälle von OPSCCs beschrieben, dabei 9130 bei Männern. Hieraus wurde eine Inzidenz für 2018 von 13.700 geschätzt. [1]. Dabei ist, zumindest für Giessen, beschrieben, dass es in den letzten 10 Jahren zu einer Verdopplung der HPV-Assoziationen auf (Stand 2017) 27,1% kam. Dabei nimmt die Erkrankung vor allem bei den Frauen zu. Dies ist in der Differenz zu den USA zu sehen, wo vor allem Männer betroffen sind. Dort ist auch die generelle Inzidenz höher und schon 2013 gab es mehr OPSCCs als Cervix-CAs, dies wird in Deutschland wohl frühestens 2030 der Fall sein. [3]
Risikofaktoren für OPSCCs:
Es gibt 3 große Risikofaktoren. Das sind Tabakkonsum, Alkoholkonsum und eine HPV-Infektion.
Zum Tabakkonsum: In Deutschland rauchen im Schnitt 28% der Männer und 23% der Frauen, wobei die Zahlen bundeslandabhängig zwischen 18% (Hessen) und 42,6% (Brandenburg) schwanken. Im Gegensatz dazu rauchten in den USA 2015 nur noch 15,1% der Menschen [1].
Zu HPV:
Dieser Risikofaktor gilt, im Gegensatz zu den anderen beiden, nicht für alle Kopf-Hals-Karzinome, sondern nur für OPSCCs. 85% der HPV-assoziierten OPSCCs sind durch HPV 16 oder 18 ausgelöst (davon 90% von HPV 16) [1].
HPV-Prävalenz:
Ebenso wie die Inzidenz der OPSCC-Erkrankungen ist auch bei der HPV-Prävalenz in Europa ein Nord-Süd-Gefälle erkennbar. Die Prävalenz in OPSCCs liegt in den nordischen Regionen bei 57%, im Süden bei 24% und in Deutschland bei 40% [1]. Im Gegensatz dazu liegt die Prävalenz in den USA bei neudiagnostizierten OPSCCs bei 60-70% [4]. Trotzdem lässt sich sagen, dass die HPV Prävalenz von der anatomischen Lokalisation und geografischer Region, nicht jedoch vom Geschlecht, Alkohol- oder Tabakkonsum abhängig ist [1].
Pathophysiologie:
Die Infektion entsteht durch die Interaktion von HPV mit dem Lymphoepithelium des Oropharynx, dieses ist in den tonsillären Krypten vorhanden. Durch die Interaktion kommt es zu einer hohen PD-L1 Expression und somit zu einer Verringerung der zytotoxische T-Zellen, wodurch es zu einem immunologischen Vorteil für virale Infekte kommt. Hieraus resultiert eine Persistenz des Erregers [4]. In 30% der Fälle wird die HPV-DNA nur episomal nachgewiesen, also beispielsweise anhand von Plasmiden, somit sollte auch ein Integrationsunabhängiges Regulationsmuster aks Modell zur Pathophysiologie in Betracht bezogen werden [1].
5-Jahres-Überleben
Das OPSCC hat eine eher schlechte Prognose, so liegt das 5-Jahres-Überleben für Männer nur knapp unter 50% und für Frauen knapp unter 60%. Eine HPV-Assoziation verbessert die Prognose, das 5-J-Ü dieser Patienten liegt dann bei 80%. Sie hat somit eine größere Auswirkung auf die Prognose als der Raucherstatus und die Größe des Primärtumors [1]. Eine Ausnahme stellen die High Grade neuroendokrinen Tumore da, die HPV unabhängig immer sehr aggressiv sind [4]. Auch andere Risikopunkte sind ausschlaggeben für das 5-J-Ü, eine Zunahme dieser führt also trotz HPV-Assoziation zum Absinken der Überlebensdauer. Die Zeit bis zur Progression ist bei p16+-Tumoren jedoch nicht divergent [5].
Therapie
Die Therapie ist bislang HPV-unabhängig.
Bisher gibt es die Möglichkeit der OP, sowie Radio- und Chemotherapien. Ist der Tumor R0-Resizierbar, so wird meist operiert und evtl eine adjuvante Radio- oder Radiochemotherapie durchgeführt. Ist der Tumor nicht R= resizierbar oder als Alternative zur oben genannten Methode, kann eine primäre Radiochemotherapie und ggf nach 1-4 Monaten eine Salvage Operation durchgeführt werden. Zusätzlich zur Tumorresektion kann zudem eine Neck Dissection erfolgen, zumeist wird diese selektiv durchgeführt, dies ist jedoch von der Ausdehnung des Befundes abhängig [5].
Induktionschemotherapien finden beim OPSCC keine Anwendung, mit Ausnahme der Larynx- und Nasennebenhöhlentumore. Postoperative adjuvante Therapien reduzieren jedoch nachweislich Lokalrezidive um 10-17% und verbessern das Überleben. Die Indikation hierfür sind Lymphknotenmetastasen mit extrakapsulärem Wachstum oder R1-Tumore [5]. Als Therapeutikum wird meist Cisplatin verwendet. Es konnte für HPV-assoziierten OPSCCs allerdings kein linearer Zusammenhang zwischen Cisplatin-Dosis und Überlebensrate festgestellt. Jedoch sollten nicht weniger als 200mg/m^2 Cisplatin verabreicht werden, da dies einen negativen Effekt auf Gesamtüberleben habe [6].
In der Erprobung sind nun auch neue Medikamente.
Cetuximab als EGFR-AK in Kombination mit einer Platin-basierte Radiochemo wurde dabei getstet [1]. Diese Therapie scheint jedoch mehr Nach- als Vorteile zu bringen [5].
Auch PD-1/PD-L1-Inhibitoren wurden getestet, wobei jedoch kein signifikanter Unterschied bezüglich des HPV-Status feststellbar war [1]. Nun ist die Zulassung als Monotherapie bei Progression während oder nach einer platinbasierten Therapie erfolgt [5].
Zusammenfassend kann man sagen, dass eine rein chirurgische Intervention bei HPV-assoziierten Tumoren im Stadium 1 (T1-2) gleichwertig zur Kombinationstherapie ist. Das Gesamtüberleben nach 4 Jahren liegt nach einer rein chirurgischen Intervention bei 93%, nach zusätzlicher Radiochemotherapie ebenfalls bei 93% und nach zusätzlicher adjuvanter Chemotherapie bei 95,6%. Es besteht somit kein signifikanter Unterschied. Bei zunahme der Risikopunkte kommt es zu einem Absinken der Überlebensrate um etwa 5% [6].
Quellen:
[1] Wagner S, Reder H, Sharma SJ, Würdemann N, Wittekindt C, Klußmann JP. Das HPV-getriebene Oropharynxkarzinom – Inzidenz, Trends, Diagnose und Therapie. Der Urologe December 2018, Volume 57, Issue 12. Springer Medizin Verlag GmbH
[6] Tribius S, Würdemann N, Laban S, Sharma SJ, Wagner S, Hoffmann TK, Wittekindt C, Klussmann JP. Update zu HPV-assoziierten Kopf-Hals-Karzinomen – Highlights der ASCO-Jahrestagung 2018. HNO December 2018, Volume 66, Issue 12.
[7] Schroeder L1, Wichmann G2, Willner M2, Michel A1, Wiesenfarth M3, Flechtenmacher C4, Gradistanac T5, Pawlita M1, Dietz A2, Waterboer T1, Holzinger D1. Antibodies against human papillomaviruses as diagnostic and prognostic biomarker in patients with neck squamous cell carcinoma from unknown primary tumor. Int J Cancer. 2018 Apr 1;142(7):1361-1368.